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14.12.2023, 16:20 Uhr | Christian Becker
Festival "Mapping Memories – Judengasse extended" (F 2115 2023)

Im Rahmen des METAhub Festivals "Mapping Memories - Judengasse extended" im April 2023 wurde erstmals ein erhaltenes Kellergewölbe aus der früheren Judengasse öffentlich zugänglich gemacht. Es befindet sich unter ei-nem japanischen Feinkostgeschäft An der Staufenmauer 11 und gehört zu einem 1809 errichteten Stadtpalais aus den letzten Jahren der Judengasse - ein beeindruckendes Zeugnis der Frankfurter Geschichte.

Ich frage den Magistrat, was er unternimmt, um den Keller zu erhalten und regelmäßig der interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen?

Es antwortete StR’n Dr. Hartwig:


Sehr geehrter Herr Stadtverordneter Becker,

der steinerne Gewölbekeller stammt aus der Zeit der Judengasse – nach deren Bombardierung durch die französischen Revolutionstruppen. Das Grundstück gehörte einst Joseph Moses Rindskopf, der hier 1809 anstelle von fünf niedergebrannten Häusern der Judengasse ein Stadt-palais errichtete. Ein Schlussstein mit der Inschrift „IMR 1809“ erinnert vor Ort an den einstigen Bauherrn.

Die bislang unbekannten Räumlichkeiten wurden im Vorfeld des Festivals „Mapping Memories: Judengasse Extended“ von den Besitzern denkmalgerecht wiederhergerichtet und der Öffent-lichkeit im Zeitraum vom 13. bis 30. April erstmals zugänglich gemacht. Was im Frühjahr nur eine Vermutung war, bestätigte sich durch die städtebauliche Lage und den Baubefund: Bei dem Gewölbe handelt es sich um ein einzigartiges Zeugnis der jüdischen Emanzipation in Frankfurt zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Bislang ist kein Relikt aus der Frankfurter Judengasse bekannt, das sich in einem ähnlich guten, da komplett erhaltenen, Zustand befindet.

Die Planungen sehen vor, den Gewölbekeller in Zukunft zur historisch-politische Bildung zu nut-zen mit besonderem Blick auf den Kampf um Gleichberechtigung von Jüdinnen und Juden in der Stadtgesellschaft.

Als Auftakt für die neuartige, interdisziplinäre Bespielung des Gewölbekellers ist ein weiteres Mapping-Memories-Festival vom 21. bis 24. März 2024 geplant, das zugleich auch den Ab-schluss des bisherigen METAhub-Projekts bildet.

Gerade in Zeiten eines offen zu Tage tretenden Antisemitismus und grassierender Geschichts-revision ist es ein wichtiges Signal, dass die Stadt Frankfurt am Main ihr jüdisches Kulturerbe sichtbar macht und ein zusätzliches Vermittlungsangebot ermöglicht. Es ist nach einer großen gemeinsamen Anstrengung von Politik, Jüdischem Museum und Kulturamt gelungen, diesen kulturhistorisch bedeutenden Ort nun dafür nutzen zu können.

Mit dem Privateigentümer hat man sich auf eine Anmietung des Gewölbes für zunächst zwei Jahre verständigt. In diesem Zeitraum sollen die Planungen des Jüdischen Museums erprobt und mit Blick auf eine weiterführende Nutzung evaluiert werden. Die Umsetzung erfolgt in Ab-stimmung mit städtebaulichen Maßnahmen, die eine Neugestaltung des Areals an der Staufen-mauer sowie der Umgebung rund um die zerstörte Hauptsynagoge im Rahmen des Programms „Schöneres Frankfurt“ vorsehen.

Für den zweijährigen Kulturbetrieb ist ein Gesamtbudget von rund 480.000 Euro vorgesehen, das sich zu 80 Prozent aus Mitteln des Innenstadtprogramms „Zukunftsfähige Innenstädte und Zen-tren“ des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen sowie der Frankfur-ter „Initiative Innenstadt“ finanziert.